Prima, SWR

Copyright SWRIn der taz heute den Hinweis von Jenny Zylka auf eine neue Reihe mit „jungen Dokumentarfilmen“ im SWR gefunden. Sei nicht alles gut, aber für Dokumentarfilme schmeiße ich gern mal den Videorekorder an (zu spät: 23.15-00.15h). Und Glückwunsch, daß der SWR für Dokumentarfilme noch Zeit hat. Mehr zum heutigen Film „Im Rhythmus der Stille“ im MEHR (oder direkt bei klack).
Im Rhythmus der Stille
Junger Dokumentarfilm
Dokumentation
Erstsendung: 02.05.2003, ARTE
Mit diesem Film eröffnet das SÜDWEST Fernsehen eine neue Staffel der ambitionierten Nachwuchsreihe „Junger Dokumentarfilm“. Die weiteren Produktionen werden in den folgenden sechs Wochen jeweils am Donnerstag um 23.15 Uhr gesendet.
Endlich dass Abitur geschafft. Sarah Neef will sich jetzt ganz auf ihre künstlerische Karriere konzentrieren. Musik und Tanz waren schon immer ihre Leidenschaft. Sarah ist Balletttänzerin, sie spielt Klavier und Flöte. Seit ihrer Geburt ist Sarah taub. Sarah beginnt mit den Proben zu „Die Liebe zum Mond“, einem musikalischen Tanztheater mit Stücken von Mendelssohn, Chopin und Debussy. Harte Arbeit liegt vor ihr: Zusammen mit zwei Musikern will sie auf eine Tournee quer durch Deutschland gehen. Der Film begleitet die 20-Jährige vom Ende der Schulzeit bis zu der mit Spannung erwarteten großen Premiere. Die beiden Regisseure Joachim Bihrer und Claus Hanischdörfer haben Sarah Neef sechs Monate lang im ihrem Alltag und bei den Tanzproben beobachtet. Ihr Film gewährt Einblicke in eine fremde, tonlose Welt, die doch voller Rhythmus ist, und zeigt eine junge Frau, die mit eisernem Willen ihren Traum von Selbstverwirklichung in die Tat umsetzt.
Sarah Neef entdeckte trotz ihrer Gehörlosigkeit schon sehr früh ihre Liebe zum Tanz. Nachdem sie im Alter von knapp drei Jahren die Ballettaufführung „Dornröschen“ im Großen Haus in Stuttgart gesehen hatte, imitierte sie mit Begeisterung die gesehenen Tänze. Ihre Mutter erkannte das Talent und schickte sie zum Ballettunterricht. 1989 führte Sarah im Alter von acht Jahren zum ersten Mal einen Tanz nach eigener Choreographie auf. Ihr Abitur, das mit zwei Preisen ausgezeichnet wurde, hat Sarah an einer Schule für Hörende gemacht. Sie spricht deutsch, englisch, französisch, russisch und lateinisch, obwohl sie noch nie eine dieser Sprachen gehört hat. Verstehen kann sie nur durch das Lesen der Lippen. Ihre Sprachfähigkeit hat sie durch jahrelanges intensives Training mit ihren Eltern erlangt. Geschult wurden Sarah und ihre Mutter von der in der Schweiz lebenden Sprachtherapeutin Susanna Schmid-Giovannini, die auch heute noch mit gehörlosen und hörgeschädigten Kindern Kurse durchführt. Das „Hören“ von Musik bewältigt Sarah auf ihre eigene Weise: „Ich höre Musik mit meinem ganzen Körper. Tiefe Töne mit dem Bauch, hohe mit dem Gesicht, mit der Haut.“ Sarah Neef arbeitet mit zwei preisgekrönten Musikern zusammen: Ekkehard Hessenbruch am Violoncello und Tobias Rückert am Klavier.
Die beiden Musiker traten im Jahr 2000 zum ersten Mal zusammen mit Sarah Neef auf. Über diesen Auftritt las Regisseur Claus Hanischdörfer einen Zeitungsartikel, und so entstand die Idee für den Dokumentarfilm. Die Kontaktaufnahme mit Sarah erfolgte per Fax. Beim ersten persönlichen Treffen wollten die Regisseure einen Gebärdendolmetscher mitbringen, aber Sarah Neef beherrscht die Gebärdensprache überhaupt nicht, sie kommuniziert lautsprachlich und liest von den Lippen. Bei den Dreharbeiten kam es selten zu Kommunikationsproblemen, außer der Sichtkontakt brach ab, beispielsweise bei Nacht oder wenn auf der Bühne nur mit spärlichem Licht gearbeitet wurde. Sarah ersetzt den fehlenden Gehörsinn und meistert ihr Leben mit den verbleibenden vier Sinnen. Aber schafft sie das wirklich? Wo stößt sie an ihre Grenzen und bekommt sie die Anerkennung, die sie sich wünscht? „Im Rhythmus der Stille“ – ein sinnlicher Film über eine starke Frau.

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