Dreiersatz – schwerer Satz

Marcus möchte was wissen (nee, eigentlich nicht):
„Mir muss mal jemand erklären, was schlecht daran ist, bis zu knapp 1000 Euro netto mit einem dieser schlimmen 1-/2-Euro-Jobs zu verdienen.“
Hmm, ich rechne mal kurz:
1000€ / 2€ = 500h
500h / 20AT = 25h/AT
Ja, das paßt. Bei einem Monat mit 20 Arbeitstagen muß man nur 25Std/Tag arbeiten, dann kommt man mit einem besserbezahlten 2€-Job auf 1000€ Monat. Aber wahrscheinlich meinte er das doch anders.
Aber vielleicht ist es nicht egal, daß das eben doch nicht so ganz ist? Kann er ja mal nur einer ALO-Beratung gehen. Wenn es ihm nicht egal ist. Und er eh nur Recht haben will.
Und vielleicht ist es auch nicht egal, daß dieser zweite Arbeitsmarkt den ersten bedroht? Warum sollte eine Kommune noch voll ausgebildete Kindergärtnerinnen zum (eh nicht hohen) Tarif einstellen, wenn man sich einfach ein paar (nicht ausgebildete) SozH-Empfänger für n Euro holen kann?
Gerade die Bezieher hoher Einkommen und Besitzer großer Vermögen werden immer Mittel haben und Wege finden, sich einer Umverteilung zu entziehen.
Ja, kann sein. Aber daß eine Regierung als Vertreterin des ganzen Volkes (TM) es denen auch noch so leicht macht, ist eben eine andere Sache. Aber wenn das Volk (TM) inzwischen auch immer mehr neokon-Denke (?) im Kopf (?) hat und alles richtig findet, dann ist das vielleicht auch okay so. Und ist ja auch egal.

8 Antworten auf „Dreiersatz – schwerer Satz“

  1. Servus! Finde es ja begrüßenswert, dass Du meinen Kommentar auf m-e-x kommentierst ;o)
    Andererseits: Fairness is‘ m.E. auch was anderes. Wie Du sicher (..) weißt, kommt das Einkommen aus den 1-/2-Euro Jobs auf das ALG2 obend’rauf. Das ist ja gerade der Vorteil der Neuregelung: endlich wird nicht jeder dazuverdiente Cent direkt von der Stütze abgezogen.

  2. Genau, darum schrieb ich ja auch: Aber wahrscheinlich meinte er das doch anders.
    Mir ging es aber um die Sachen, die dahinter stecken; die die Gesellschaft umbauen, ohne daß mit der Gesellschaft darüber diskutiert wird. Da stellen sich ein paar Leute hin und sagen: Wir bauen das jetzt mal um. Basta.
    Aber in der BRD wurde das Bild der Solidar-Gemeinschaft nicht nur propagiert, sondern steckt auch noch immer in vielen Köpfen.
    Dieses NewCon-Gewäsch, das einen Staat wie eine auf Gewinnmaximierung bedachte Firma (auch das hat sich ja dramatisch geändert, wenn man sich mal die Reinvestierungsquote ansieht!) behandelt, finde ich einfach nur widerlich. Da rechnet sich dann nämlich der Arbeitssklave am besten, und wer nichts mehr leisten kann, kriegt die Kugel.
    Ein Blick z.B. hierauf könnte den Hartz IV-Jubel vielleicht auch etwas relativieren…
    Ach ja: Und daß es heute schon fast ehrenrührig zu sein scheint, wenn man in einer Diskussion (! – im echten Leben ist das was anderes) nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen fragt, sagt vielleicht auch was über die Veränderung in der Gesellschaft.

  3. Da halte ich es mit dem Grundgesetz: Eigentum verpflichtet. Und jeder „anständige“ Unternehmer weiß das. Was in der Diskussion um Hartz IV nur bunt gemischt wird, ist die Frage nach Anreizen, überhaupt wieder am Arbeitsmarkt Arbeit nachzufragen einerseits und die Frage nach dem Woher von „neuen“ Arbeitsplätzen. Richtig ist, dass kein Unternehmen gezwungen werden kann, Leute einzustellen und der Staat per se nur sehr ineffizient Arbeitsplätze zur Verfügung stellen kann. Effektiv sind deswegen Sanktionen wie sie Hartz IV einsetzt und Lohnsubventionen andererseits , die Niedriglöhne zu auskömmlichen Einkommen aufstocken.

  4. Effektiv? Na, ich weiß nicht. Einerseits werden Leute gezwungen, sich Arbeit zu suchen. Und für viele scheint Lohn-Arbeit ja auch wichtig zu sein. Da es aber anscheinend oder scheinbar nicht genügend Arbeitsplätze für die Hartz IV-Kandidaten gibt, schafft man einen zweiten (dritten?) Arbeitsmarkt, der den ersten dann auch noch gefährden könnte.
    Wenn die ganze große Arbeiter- und Angestelltenschaft nur nicht so unersätzlich wäre! Dann könnten die ja doch mal überlegen, ob nicht ein bißchen weniger Arbeit für sie gut wäre, wenn die Arbeitslosen dafür wieder Jobs bekämen. Aber spätestens seit es Mitte/Ende der 90er wieder fette Gewinne in der deutschen Industrie gab, ohne daß es zu mehr Arbeitsplätzen kam, sollte klar sein, daß eine Vollbeschäftigung in diesem System nicht mehr zu haben ist. Nur sagen will es keiner in „Regierungsverantwortung“ (schickes Wort). Geschweige denn, über ernsthafte Alternativen nachdenken .

  5. Na, dann hast Du aber den grünen Politikern schlecht zugehört ;o)
    Da spricht meines Wissens längst keiner mehr von möglicher Vollbeschäftigung. Stattdessen verfechten die Grünen seit geraumer Zeit das Konzept einer Grundsicherung, die auf vernünftigem Niveau auch denen ein Auskommen sichern soll, die nicht mehr in den Arbeitsmarkt integrierbar sind. Aber nochmal: natürlich muss, wer Transferleistungen der Gesellschaft in Anspruch nimmt, auch dazu bereit sein, Gegenleistungen (im Zweifelsfalle gemeinnützige Arbeit) zu erbringen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Alles andere wäre (tatsächlich) ungerecht.

  6. PolitikerInnen höre ich eh schon lange nicht mehr zu – höchstens, wenn ich a bisserl masochistisch drauf bin 🙂
    HartzIV wird aber nun mal mit „Wer nicht arbeiten will, soll bluten“ verbunden. „Fordern & Fördern“. Daß dafür dann Billigarbeitsplätze geschaffen werden, die – ich sag das noch mal – den 1. Arbeitsmarkt gefährden, finde ich einfach absurd. Hauptsache, die Leute, die jetzt weiterhin in Vollbesitz ihrer Arbeitsstätte sind, kommen so davon. Dann können die auch von „Transferleistungen in Anspruch nehmen“ reden. Wer definiert denn so was? Was ist das denn für ein McK-Staat geworden? Wo lernt man solche Sätze?
    Wenn in einer Gesellschaft Menschen, die offiziell dazu gehören (deutsches Blut-Recht), vom Arbeitsprozeß ausgeschlossen werden (weil z.B. Leute Überstunden klopfen, weil Unternehmen lieber in Maschinen als in Menschen investieren), dann ist das erst mal ungerecht. Oder? Nee. Natürlich nicht. Gerecht ist, was der Fall ist. Wer essen will, soll arbeiten. Tut mir leid, da habe ich als Christ ein paar andere Vorstellungen (Grundsicherung kommt da schon hin. Lebens-Arbeits-Zeit-Modell von Gortz würde ich auch gern mal in derv Politik diskutiert sehen). Aber wie schon früher gesagt: Lagerarbeit ist wahrscheinlich die günstigste Lösung. Drei Wiederholungen – ich fliege aus der Hitparade 🙂

  7. Nananana! Deutscher zu sein bedeutet doch nicht, dass man ein Recht auf Anstellung beim deutschen Unternehmertum hat! Aber WEIL das so ist, gibt’s ja unser breit akzeptiertes und grundgesetzlich gesichertes Umverteilsystem zugunsten der „Nichtteilnehmer“. Nur _dieses_ muss wiederum irgendwie finanziert werden. Wenn dabei die Anreize – wie in der Vergangenheit zu beobachten – eher dahin gehen, sich gar nicht mehr in Richtung Arbeitsmarkt zu orientieren, ist was faul. (nicht: jemand!) Und mit „christlich“ bist Du absolut auf dem falschen Dampfer. Lies mal ’n bissel was über (evangelisch geprägte) Verantwortungsethik, da gehen Dir ganze Lichterbäume auf! Die Katholiken andererseits haben’s damit zugegebenermaßen zumindest was die Theorie angeht nicht so…

  8. Falsche Dampfer? Aha, ja danke. Ich bin Protestant, was Du jetzt mit Verantwortungsethik willst, ist mir schleierhaft. Es sei denn, Du kommst mit „Wer essen will…“. „Nichtteilnehmer“ ist ein Eupemismus (auch wenn man sich über Einzelfälle streiten kann.
    Aber ich zitiere, da ich selber nichts mehr dazu sage, Greffrath aus der heutigen taz: „Weg also mit dem Locke-Hegel-Rathenau-Ludwig-Erhard-Nell-Breuningschen Gedankenmüll, der doch nur den Blick auf die Welt verstellt, die der Fall ist: „eine widrige Umwelt“ nämlich, der die Individuen allenfalls „Impulse zum Sichdurchschlagen“ entnehmen können, aber keine historisch entstandenen Ansprüche, Solidaritäten oder Gesellschaftsziele mehr. “ – und verweise für alles weiter auf ihn.
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