Nachdem taz-Cherfredakteurin Bascha Mika sich schon vor einiger Zeit im „Presseclub“ über Kritiker von Inlandsflügen als „Leuchttürme der Sittlichkeit in unserer Gesellschaft“ mokierte, brachte Edith Kresta am 16.9.03 in der taz eine neue Stufe dialektisch-ausgereifter Analyse der Billigflug-Problematik:
„Selbst wer auf sein ökologisches Gewissen hält und sich auf der Schiene bewegt, muss sich mittlerweile ein bisschen borniert vorkommen, wenn sogar inländische Ziele für die Hälfte des Geldes in der Hälfte der Zeit erreicht werden können.“
Wie wäre es demnächst mit: „Kinder- und Sklavenarbeit: Selbst wer auf sein politisches Bewußtsein hält und sich für menschliche Verhältnisse interessiert, muss sich mittlerweile ein bisschen borniert vorkommen, wenn Produkte anderer Firmen (Kaffee, Kleidung) für die Hälfte des Preises gekauft werden können.“
Nein, ich komme mir nicht borniert vor. Eher verzweifelt, wenn ich in meinem Umfeld sehe, wie Leute jedes ökologische Bewußtsein ausblenden und (nicht nur) mit Billigfliegern durch die Gegend heizen (sic). Auch Kresta scheint der Devise des „Sich waschen aber nicht nassmachen“ folgen zu wollen. Viel Spaß dabei…
Meine Güte, müssen die ganzen umweltbewußten Bahnfahrer wie Frau Kresta Geld haben. Selbst wenn es praktische Verbindungen gäbe, ich könnte mir das überhaupt nicht leisten mit dem Zug zu fahren.
Sondern? Naja, vielleicht geben umweltbewußte FahrerInnen ihr Geld dafür nicht für andere Sachen aus (Auto kaufen, Auto fahren, Urlaubsreisen nach Kreta…). Und wenn ich mir keine umweltvertägliche Reise an Ort X leisten kann, dann verreise ich eben nicht dahin. Ich kauf ja auch keine Legebatterien-Eier, weil sie billiger sind. That simple.
Wenn mir ein Kommentar aus dem Glashaus erlaubt sei:
interessant finde ich, dass oftmals das ökologische Bewußtsein nicht nur ausgeblendet wird, sondern sogar ein gewisser Stolz mitschwingt, wenn z.B. über spaßmotivierte, hunderte von Kilometern zählenden Autofahrten berichtet wird.
Wenn Freizeitvergnügen und Umweltbewußtsein nicht zusammen passen, wird verleugnet, dass sich die Balken biegen.Ein Wunderwerk der menschlichen Psyche!;-)
Na ja, aber wie gesagt, ich sitze im Glashaus.Könnte ebenso gut mein Auto abschaffen.Dann müßte ich zwar auch meinen Job aufgeben, aber als Hausfrau und Mutter kann man ja auch Sozialhilfe beantragen, wenn man keinen „Ernährer“ im Hause hat…
– tschuldigung – war ´n Witz 🙂
(War das jetzt schon ein Übersprung im Freudschen Sinne, um meine eigenen Schuldgefühle bezüglich meines umweltschädigenden Verhaltens zu kanalisieren? Ich werde mich mal lieber zur (äh) Reflexion zurückziehen – habe schließlich das ganze Wochenende über gearbeitet…
und jetzt sagen sie bloß nicht, dass man das merkt 😉
>aber als Hausfrau und Mutter kann man ja auch Sozialhilfe beantragen
Das ist eine prima Idee! Dann bräuchte man auch nicht mehr mit den bösen Billigfliegern nach Kreta düsen, sondern würde gleich ein Häuschen in Florida bezahlt bekommen. 😉
Bevor ich ihnen ausführlicher antworte, seien sie doch bitte so freundlich und beantworten mir ihrerseits eine Frage:
ist das katholische Sauerland hier in der Rolle des Advocatus Diaboli unterwegs?
>ist das katholische Sauerland hier in der Rolle des Advocatus Diaboli unterwegs?
Das sei mir ferne 🙂
Na wie gut, dass ich gefragt habe und wie gut auch, dass ich mir mal ihre Seite angesehen habe 😉
Denn meine ausführliche Antwort kann ich mir da eigentlich sparen.
Ihnen muß ich nichts erzählen, von der Ambivalenz, in der man sich wiederfindet, wenn man einmal angetreten ist, um den sozial Schwachen in unserer Gesellschaft zur Seite zu stehen, von diesen und jenen Sozialhilfeempfängern, von Elend und Anspruchshaltung.
Interessant finde ich, dass ausgerechnet wir beiden uns hier angesprochen fühlten!
So nach dem Motto: nun gebe ich schon so viel und jetzt wird mir auch noch vorgeworfen, dass ich nicht ausreichend umweltbewußt bin?:-)
Aus dieser Perspektive heraus kann ich nur sagen, passen sie auf sich auf!
Sie sind da in einem Gebiet zugange, was höchste psychische Anforderungen an sie stellt (das wissen sie selbst genauso gut wie ich) und wenn da vielleicht der Urlaub auf Kreta für die persönliche Psychohygiene wichtig ist und sie vielleicht zu unterbezahlt sein sollten, um auf ökologisch einwandfreiem Wege dahinzugelangen, dann haben sie, wie ich finde, alles Recht der Welt, auch mal in einen Billigflieger zu steigen.
Sie geben in ihrem Job schon mehr als genug!
🙂
Neee, pepe, da bin ich härter, da könnte ja sonst jedeR ne Begründung finden…. Aber who the f*** am I 🙂 Und empfehle zum Amüsemang (!) den ZEIT-Artikel von Andreas Laudert über das Nicht-Reisen.
Jaja ick weeß, mischa!
Wieda zu weich und zu permissiv, wa?
(Und jetzt dürfen sie dreimal raten, woher ich das mit dem burn-out so gut kenne…. 😉
Der Zeit-Artikel ist herrlich!
Danke! 🙂