Tag des ungesehenen Theaterstücks

Leider gab es heute wohl im Kölner Schauspiel eine kurzfristige und nicht angesagte Spielplanänderung. Statt des erwarteten „DAS LEBEN EIN TRAUM (WAS SONST?)“ nach Calderón de la Barca sah ich wieder einmal „VIEL LÄRM UM NICHTS“. Immerhin habe ich so den Anstandsbesuch für dieses Jahr hinter mich gebracht.

Gerade erfahre ich: Es war wohl doch der Calderon. Aber

  • bei den stimmlich mehr als zurückhaltenden und unispirierten Leistungen;
  • die zudem gern einmal von mächtig lärmenden Kettenrasseln übertönt wurden;
  • den gern und oft eingesetzten Popp-Musik-Einlagen;
  • und dem steif-grellen Losagieren, das ich eigentlich schon vor 10 Jahren in Berliner Ernst-Busch-Schulaufführungen auf dem Höhepunkt (der damals einer war) und seitdem als überholt wähnte:

mag man mir die Orientierungslosigkeit bitte verzeihen. Die dann aber nicht so groß war, daß ich nicht doch noch den Ausgang zur ersten Pause gefunden hätte.

Nun könnte ich beim Lesen der zahlreichen lobenden Kritiken und Publikumskommentare auf die Idee kommen, „Theater“ sei nichts für mich. Oder mich gar in tiefste Verzweiflung stürzen, daß ich so weit weg vom Allgemeinen Geschmacksurtheile liege. Aber zum einen gibt es dann doch noch kritische Kritiken (Dank an Vasco Boenisch, der in der SZ am 24.06.2010 vom Mißlingen schrieb) und Kommentare (ganz aktuell dieser der dadasophin); zum anderen immer noch Stücke, in die zu gehen auch für mich ein Vergnügen ist (selbst im Kölner Schauspiel). Doch bis zum nächsten Gang wird es jetzt wohl etwas dauern. Die zwei Stunden verschwendeter Lebenszeit wollen erst einmal kompensiert sein.

Tag des ungehörten Gedichts

Fünf Jahre lang gab es im Deutschlandfunk die Lesung eines einminütigen Gedichts, drei Mal am Tag über ihn verstreut gesendet. Die Reihe nannte sich Lyrikkalender und fand recht guten Anklang. Dazu gab und gibt es den den Lyrikkalender als Wandkalender, der die Gedichte des vergangenen Jahres noch einmal zum Nachlesen vereinte.

Doch am 31.12.2010 war damit Schluß. Programmdirektor Günter Müchler äußerte sich zum Ende der Reihe im Deutschlandfunk, doch für mich nicht sehr einleuchtend. Im Blog der Koblenzer Rhein-Zeitung schreibt der Chefredakteur Christian Lindner dazu einen wie ich finde passenden Beitrag: „Der Deutschlandfunk raubt uns das Gedicht“.

Auch Michael Gratz, dessen großartige „Lyrikzeitung & Poetry News“ heute den 10. Geburtstag feiert, hat dazu schon einen ausführlicheren Kommentar „angedroht„.

Es ist mehr als bedauerlich, daß für eine im Medienalltag kaum noch anzutreffende Gattung wie die Lyrik im Qualitätsprogramm des Deutschlandfunk kein exponierter Platz mehr ist. (Wobei Lyrik natürlich immer noch in Besprechungen wie beim Büchermarkt vorkommt, aber eben nur sekundär.)

So bleibt mir nur der Verweis auf die (beinah) tägliche „Lyrikmail“ und eben die „Lyrikzeitung„. Und natürlich die vielen anderen Blogs und Websites zur Lyrik, die es immer noch gibt.

Neues Jahr – neue Reihe

Zum neuen Jahr starte ich eine neue Reihe mit kurzen Beiträgen, die hoffentlich täglich erscheinen: „Der Tag der / des …“. Natürlich gibt es wohl schon zu jedem möglichen Gegenstand oder Menschen einen „Tag der / des“ – des Menschenrechts, Lesens, Wassers und Butterbrots, Haustiers und Sparschweins oder des Urinals (z.B. in der Wikipedia). Aber vielleicht findet sich immer noch etwas, das der Aufmerksamkeit bedarf?

Diese Dinge oder Anlässe zu finden soll die Idee der Reihe sein.

Fast alle sind erleuchtet

Manchmal komme ich an Buecher, ohne genau zu wissen, warum ich die eigentlich lese. „Alle sind erleuchtet“ von Kristin Ruebesamen ist so eines.
Ich habe das Buch in zwei Tagen verschlungen und halte die negativen Amazon-Kommentare fuer Meinungen verhaermter Menschen (oder sollte es das auch im Buch haeufiger genannte Problem der Verstopfung sein …). Allerdings fragte ich mich, ob die fehlende Nennung des Lektorats vielleicht gar kein Versehen ist, sondern Bestaetigung meines begruendbaren Verdachts, es habe keines gegeben?
In Facebook nachgefragt, hiess es dazu, dass es durchaus einen Lektor gab, dieser nur bescheiden sei.
Allerdings haette etwas weniger Bescheidenheit, dafuer aber etwas mehr Sorgfalt vielleicht den einen ode anderen Stolperstein verhindert. Hier die kleinen und grossen Dinge, die ein Lektorat haette verhindern koennen:
S. 19: Die neue Yoga-Lehrerin heisst hier „Libby“; spaeter immer „Lippy“.
S. 181: Z.1 und 2 werden von derselben Person gesprochen, die An- und Abfuehrungen splitten das falsch auf.
S. 239: „Wendtland“ statt „Wendland“
S. 266 u.: „wie auf einem meuterten Schiff“ – die Besatzung kann (ein Schiff) meutern, das Schiff ist hoechstens „gemeutert“, was aber auch eine ungewoehnliche Formulierung ist.
S. 338: „Bikram Coudhury’s Frau“ – mit Apostroph?!?
Dann sind da zwei NS-Vergleiche, die ich grauenhaft finde:
S. 113: „Die Mentoren waren fuenf Unterscharfuehrer …“. Bei allem Verstaendnis fuer die wahrscheinlich sehr anstrengende Ausbildungssituation – Leuten die Dienstgrade der SS anzudichten ist entweder ein Zeichen historischer Unbedarftheit oder ein krasser Fehlgriff.
Und dass das Wort „Endentspannung“ nach dem Ort absoluter menschlicher Bestialitaet – naemlich der „Gaskammer“ – klingen soll, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Diese Assoziation ist fuer mich degoutant.
Da faellt der Lapsus auf S. 82 kaum noch ins Gewicht:
„… Ich erinnere mich jedoch, dass ich nach September 2001 Liebe zu Obama Bin Laden zu schicken versuchte, was nicht klappte.“ – Vermutlich, weil die an Osama bin Laden haette geschickt werden muessen.
Da die Autorin noch im Sommer 2010 am Buch schreibt (S. 334), das Buch aber schon im September erscheint, koennte ich mir vorstellen, dass es doch ein wenig an Zeit fuer ein ordentliches Lektorat bzw. die Endkorrektur fehlte.
Spass hat die Lektuere aber trotzdem gemacht.

Alle Jahre wieder

Nach fünf Jahren habe ich mal wieder meinen kleinen Wettbewerb „Immer positiv!“ gestartet. Der Gedanke: Daß die meisten Deutschen den Pogromen positiv gegenüber standen, drücke sich auch in der Fehlschreibung „Progrom“ aus.

In diesem Jahr ist die Frankfurter Rundschau Sieger. Zwar gelingt es ihnen, zu Beginn des Artikels über die Streitigkeiten wegen der Rede Alfred Grossers in der Paulskirche die Pogromnacht richtig zu schreiben. Am Ende aber …

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Pro & Con iPad

Jürgen Fenn schreibt in seinem Blog, warum er das iPad ablehnt. Ich kann einiges davon nachvollziehen und werde auch skeptisch, wenn (Zeitungs-) Verleger davon die Goldene Zukunft erwarten. Zudem führt er an, daß in de.comp.sys.mac.misc zum Thema „Wozu iPad?“ diskutiert würde und Konsens sei, daß das iPad nichts könne, was nicht auch mit iPhone oder MacBook zu erledigen wäre.

(werbebla on) Auch ich war anfangs skeptisch. Aber dann … (werbebla off)

Ich habe seit rund zwei Wochen ein iPad mit 3G. Obwohl ich schon ein iPhone 3G und ein MacBook Pro nutze. „Was kann ein iPad, was die anderen Geräte nicht können?“ Die Frage ist für mich falsch gestellt. Um noch einmal Marketing-Sprech zu bemühen, hat schon das iPhone meine Produktivität im Gegensatz zum Nokia E65, das ich davor benutzte, enorm gesteigert. Das lag an der komfortableren Nutzbarkeit, die das Mail- und selbst Textbearbeiten vereinfachte und Surfen eigentlich erst ermöglichte. Vielleicht sind meine Anforderungen auch zu speziell – aber meine Argumente für das iPad begegnen mir inzwischen öfter.
Ich arbeite als Rechercheur und Autor und bin viel radelnd / zu Fuß unterwegs. Da war das MacBook fast immer dabei, und das machte sich irgendwann doch schwer bemerkbar. Die 2,1kg merkte ich jedenfalls auf Dauer. Umgekehrt war ich meist erleichert, wenn es mal nicht dabei war, das iPhone reichte dann für vieles. Aber Texte zu tippen wurde dann eher auf daheim verschoben. Mit den 700g und einer leichten BlueTooth-Tastatur, mit der ich schneller als auf dem MacBook tippe, ist das mobile Arbeiten jetzt mehr als bequem. Der Schirm ist für meine alten Augen angenehm groß, ich kann unterwegs kürzere Einträge auch bequem auf der virtuellen Tastatur tippen. Auf dem iPad lese ich lieber als auf dem iPhone, obwohl Stanza auf dem iPhone schon eine großartige Sache ist. Und vor allem eben: Schreiben ist mit dem iPad eine tolle Sache.
Das mag ein Sonderfall sein. Für Leute, die unterwegs programmieren, Videoediting betreiben oder DVDs schauen wollen, ist das iPad natürlich nichts. Und die keine größeren Mengen Text verarbeiten müssen, sind mit dem iPhone sicher auch gut bedient. Was ich aber immer öfter höre: Leute, die das iPad haben, sitzen häufiger vor dem und nicht mehr vor dem Rechner. Und so geht es mir auch (ich tippe diesen Eintrag gerade am iPad). Ähnlich wie mein altes Psion netBook ist das iPad auch bestens geeignet, um im Bett zu surfen oder Videos zu schauen – dafür war mir das MacBook zu sperrig und zu laut, der iPhone-Schirm zu klein.
Ach ja: Echte Bücher aus Papier lese ich sehr gern. Und ich schreibe sehr viel mit der Hand, das geht noch tadellos 🙂

Nachruf als Klingelton

Mein Google Alert zu Heinz Czechowski brachte mir heute einen etwas schrägen Eintrag:

Angebot Nachruf Heinz Czechowski als Klingelton

Heinz Czechowski hätte das vermutlich bestens amüsiert und in seiner Sicht auf das Leben bestätigt.

Und wieder mal erinnern


verderber.jpg

Deutschlands Verderber ist natürlich ein bißchen simpel. Auch Arschloch würde es wohl nicht richtig treffen. Verrückter sowieso nicht. Um das besser einschätzen zu können, empfehle ich auch heute wieder, die

Analysis of the Personality of Adolph H**ler
With Predictions of His Future Behavior and Suggestions
for Dealing with Him Now and After Germany’s Surrender”

zu lesen.

Ein Schild – zwei Bedeutungen?

hoechstens30.jpgBisher hatte ich immer angenommen, dieses Schild hätte nur die Bedeutung, die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu begrenzen. Doch nach dem Fällen von 63 Platanen, die Ende der 1980er Jahre in der Venloer Straße gesetzt wurden, für freien Blick bis zum Helios-Turm bietet, wird die zweite Botschaft deutlich: „Hier wird kein Baum über 30“


Kein_Baum_30-kl.jpg

Agamben revisted

Agamben etwas umgeschrieben: „Der permanente Ausnahmezustand ist inzwischen eine der geläufigen Praktiken der heutigen Büros.“