Prima: hr2 – "Der Tag"

Gestern erst entdeckt, heute komplett begeistert: „Der Tag“ mit tollen Themen, und das eine Stunde lang. Echtes Hirnfutter!
Gestern brach die Sendung eine Lanze für die großen Exzentriker. Heute und morgen und bis zum 29.3. auch noch nachhörbar!
P.S. Heute abend gibt es eine Sendung zur Komapatientin Terri Schiavo, deren Fall die amerikanische Nation spaltet, und damit beginnt der Kulturkampf, den George W. Bush seinen christlich-fundamentalistischen Wählern versprochen hatte. Und die Themen kann man sich auch per e-mail zuschicken lassen.

Peter Bichsel

Volkswissenschaftler und Politiker wissen es: man kann die Krise auch herbeireden. Optimismus ist das beste Mittel gegen die Rezession. Resignation ist der Feind der Gesellschaft. Kommt, laßt uns munter weitermachen, die Unzufriedenen sind eine Minderheit! Uns geht es gut, uns geht es besser als anderen. Wir haben wirtschaftlich, wir haben gesellschaftlich, wir haben privat mit Optimismus die besten Erfahrungen gemacht. Es kam immer besser, als wir dachten, und unser Optimismus war berechtigt. Wer nicht stolz darauf ist, treibt Verrat. (…)
Warum waren wir nicht bereit, die Verzweiflung zu teilen?
(*)

Herzlichen Glückwunsch, Peter Bichsel
====================

(*) aus: Irgendwo anderswo. Kolumnen 1980-1985. SL669, 1986

Ich verstehe die Hektik ja auch nicht – und spätestens bei diesem ganzen Polit-Gephrasel (wann kommt denn wieder das Mutterkreuz?) wird mir die „Wir brauchen mehr Kinder“-Propaganda ekelhaft suspekt. Ein Gegen(hör)stück gibt es hier:

Was ist eigentlich schlimm daran, dass die Deutschen aussterben? Ist die Überalterung der Bevölkerung wirklich der Kollaps der Gesellschaft? Ist das viel bemühte demographische Problem nicht am Ende nur eines der Finanzierung? Und warum soll ausgerechnet das auf die Kinder abgewälzt werden? Sollten das nicht die lösen, die es haben – die Älteren. Um den wenigen Kindern, die dann noch übrig bleiben, ein schöneres Land zu hinterlassen: nicht mehr so dicht besiedelt, mehr Natur – und Arbeitsplätze für alle. Das fragt „Der Tag“.

Eine Stunde bei hr2 zum Nachhören – Beitrag „Wider den Kinderwahn“. Da das wohl nur noch zwei Tage vorrätig bleibt, sollte man schnell reinhören!

Lyrik im Radio

Am kommenden Sonntag und Montag läuft auf hr2 jeweils von 17.05 – 18.15h:

„Lyrik nervt, nervt Lyrik?“
Das wunderbare Spiel mit Worten
Von und mit Hans Magnus Enzensberger

Terror und die Folgen

Der heutige Stichtag (sic!):

1819
Von persönlichen Verhältnissen wäre folgendes zu sagen: Die Königin von Württemberg stirbt zu Anfang, Erbgroßherzog von Mecklenburg zu Ende des Jahrs. Staatsminister von Voigt verläßt uns den 22. März; für mich entsteht eine große Lücke, und dem Kreise meiner Tätigkeit entgeht ein mitwirkendes Prinzip. Er fühlte sich in der letzten Zeit sehr angegriffen von den unaufhaltsam wirkenden revolutionären Potenzen, und ich pries ihn deshalb selig, daß er die Ermordung Kotzebues, die am 23. März vorfiel, nicht mehr erfuhr noch durch die heftige Bewegung, welche Deutschland hierauf ergriff, ängstlich beunruhigt wurde.
Goethe, Berliner Ausgabe Bd. 16, S. 288 – gefunden in der Digitalen Bibliothek: Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka

Nicht, daß ich da Parallelen zu heute sehen würde: Nach der Ermordung Kotzebues wurden die Karlsbader Beschlüsse gefaßt.

Michael Hamburger

Und weil so ein „Welttag der Poesie“ ja nur ein mal im Jahr ist, Lyrik aber jeden Tag lesenswert sein kann, gratuliere ich doch heute einfach mal Michael Hamburger zum Geburtstag. Wer ihn nicht kennt: Die ZEIT hat im vergangenen Jahr einen Artikel zum 80. Geburtstag veröffentlicht, außerdem gibt es eine Rezension seines Bandes „Unterhaltung mit der Muse des Alters“.
Gedichte kann man z.B. hier, hier und hier lesen. Und ein ganz schönes, älteres Photo gibt es beim Österreichischen Literaturarchiv.

Welttag der Poesie

Naja, diese ganzen „Welttage“ (des Sparens, des Deutschen Butterbrotes, des was-weiß-ich) sind mir ja eher suspekt. Aber als Anlaß, auf die großartige Welt der Lyrik hinzuweisen, nehme ich den heutigen „Welttag der Poesie“ doch gern. Dank also der Unesco.
Und Dank auch Michael Gratz für seine sensationelle Lyrikzeitung mit beinah täglich aktualisierten Meldungen aus der Lyrikwelt.
Und Dank ebenso an die lyrikline, die zahlreiche DichterInnen in Wort und Ton vorstellt. Z.B. das Gedicht „Blätter und Schatten“ vom leider noch viel zu unbekannten Wolfgang Hilbig (hier von ihm selbst gelesen (rm)). Von ihm gibt es auch eine sehr schöne CD (der Link geht zur Amazone, weil der Audio-Verlag die CD merkwürdigerweise nicht auf seiner Seite verzeichnet hat).
Und wer sich noch mit dem Verständnis von Lyrik schwer tut, kann sich z.B. auf der interessanten Seite des Duisburger Dozenten Rüdiger Brandmeyer umtun – dort gibt es Theorie und Praxis der Gedichtanalyse.
Und dann packe ich doch noch mal meine kleine Arbeit über eines meiner Lieblingsgedichte von Stephan Hermlin, „Die Zeit der Wunder“, hier hin (PDF, 127 kB).
Und schließlich empfehle ich (immer wieder) gern die Lektüre von Heinz Czechowski.

Neue Enthüllungen!

Mr. Snowman ist ein Terrorist!
Nach den sensationellen Enthüllungen über Rudi Dutschke als Schreibtischtäter der R.A.F. ist jetzt auch der vermeintlich harmlose und kinderliebe Frosty Snowman als Mitglied der terroristischen Vereinigung „W.I.N.T.E.R.“ überführt worden! Besonders die Zeilen „Laßt uns noch etwas Spaß haben, bevor ich schmelze“ deuten nach Einschätzung von Fachleuten auf die Urheberschaft geplanter Verbrechen hin.
Gut, daß jetzt Frühling ist.

Angela Merkels Mund tut Wahrheit kund – jetzt auch druckreif

Die CDU – immer schon bekannt als Hort humanoiden Fortschritts. Gestern nun hat sich Angela Merkel bei ihrer Replik auf des Kanzlers Hohe Rede verplappert und die technologische Revolutionskatze für aufmerksame Zuörer aus dem Sack gelassen: Passend zur Cebit hat die CDU ein Speech-to-Text-Programm entwickelt! Was sonst sollten ihre Worte bedeuten:

Angela Merkels Mund tut Wahrheit kund - und das jetzt auch druckreif
(…) das sage ich Ihnen schwarz auf weiß!

Jetzt verstehe ich auch die Redewendung „jem. spricht druckreif“

Jubel! Toll! Schröder hat tolle Ideen!

Bevor gleich ganz Deutschland einen trinken geht (hol mir mal ’n Bier), sei doch noch schnell auf eine weitere kurze Analyse Heiner Flassbecks in der heutigen taz hingewiesen.
Wieviel zusätzliches Superhirn haben diese Leute eigentlich, daß sie meinten, mit Senkung der Unternehmenssteuern auch nur irgend etwas positiv am Arbeitsmarkt zu bewegen? Blinder Aktionismus, vor dem ein Freund von mir gerne warnt, scheint das nicht mal mehr zu sein. Mutwillig blinder , wenn nicht gar blöder trifft es wohl besser.