In meinem Kopf liegen einige ungeschriebene Briefe herum. Zum Teil Antworten auf Mails, zum Teil aber längere „Berichte“. Ähnlich wie bei Mailantworten gilt vermutlich auch bei Briefen: Wenn man sie nicht gleich schreibt, werden sie nie geschrieben. Zumindest immer schwieriger zu schreiben.
Lange dachte ich, es läge an der Schnelligkeit des Mailens, die das Briefeschreiben „unattraktiv“ mache. Wie lang würde es dauern, bis der Brief zu einem Briefkasten getragen und beim Empfänger angekommen wäre. Würde durch die Zeit nicht einiges überholt oder unwichtig, was beim Schreiben noch wichtig erschien.
Und schüchtert gerade heute nicht ein Brief auch ein? Wenn er dann noch auf ausgesuchten Papier und schön geschrieben daher kommt. Andererseits verhindert das Materialisieren von Gedanken auch das Abschicken, wenn sie bestenfalls Postkarten-Niveau erreichen. Eine Mail mit solcher „Nichtigkeit“ ist dagegen schnell „mal eben“ verschickt. Und vermag ja durchaus Freude beim Empfänger auszulösen.
Aber die wirkliche Bremse ist für mich inzwischen die Fixiertheit des Schreibens auf Papier. Ich muß mir erst Gedanken über das Mitzuteilende gemacht haben, den Brief im Kopf oder gar auf Papier vorgeschrieben haben, damit nicht während des Schreibens ein neuer Gedanke oder eine formulierte Sackgasse das bisherige über den Haufen wirft. Bei einer Mail oder einem auf dem Rechner geschriebenen Brief kann ich so etwas durch einfaches Umstellen oder Löschen beheben, ohne daß das Spontane des Schreibens verloren geht. Bei einem vorgeschriebenen Brief kommt mir das Ab-Schreiben des Entwurfs dagegen tot vor. Was sich doch auch beim Lesen bemerkbar machen muß.
Nichtsdestotrotz: Der nächste Brief wird geschrieben.